Stephen Baxter
Ultima
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»Ultima« von Stephen Baxter
Als Yuri Eden, Stef Kalinski und die KolE, in die Luke auf Per Ardua steigen, versetzt diese sie auf einen unbekannten Planeten. Aber die Versetzung ist nicht nur räumlich, sondern geht viel tiefer - alle drei befinden sich nun in einem Paralleluniversum. Einem Universum, in dem das Römische Reich nie untergegangen ist, sondern sich im Weltall ausgebreitet und sowohl das Sonnensystem, wie auch weitere Planeten kolonisiert hat. Nachdem sie sich mit der Besatzung des im Orbit des Planeten befindlichen römischen Raumschiffs angefreundet haben, nimmt dieses die drei mit zur Erde.
Gleichzeitig eskaliert in „unserem Universum“ der Streit zwischen der UN und China, ein Atomkrieg ist die Folge. Da bei einen Angriff der Chinesen auch die Kernels auf dem Merkur zerstört werden, bildet sich dadurch eine Art Schockwelle, die durch unser Sonnensystem rast und das UN Raumschiff Tatania in ein paralleles Universum schleudert. In das, in dem auch Yuri und Stef verschlagen wurden. Beide Parteien treffen sich auf der Erde wieder.
Die KI Erdschein, die an Bord der Tatania den Untergang überlebt hat, siedelt sich auf dem Mars an und erforscht dort die Lukentechnik. Dabei glaubt sie, die Erbauer dieser Luken ausfindig gemacht zu haben. Um eine Reaktion von diesen hervorzurufen, lenkt sie einen Asteroiden auf eine der Marsluken. Kurz vor der Explosion, die den gesamten Mars zerstören wird, gehen Erdschein und Beth durch ebendiese Luke und gelangen so auf den Planeten Per Ardua, der von der Jetztzeit aus gesehen Jahrtausende in der Zukunft liegt.
Die Besatzung des römischen Raumschiffs, zu der auch die KolE und Stef Kalinsk gehören und das die Zerstörung des Mars verhindern wollte, wird durch die Schockwelle, die bei der Zerstörung der Marsluke entstanden ist, in ein paralleles Universum verschlagen. Diesmal hat dort die Inka-Kultur die Macht an sich gerissen und ein sonnensystemumspannendes Reich aufgebaut. Nachdem es den Römern gelungen ist eine Luke zu erreichen, wechseln diese ebenfalls nach Per Ardua. Dort kommt es zum Wiedersehen mit Erdschein und Beth.
Erdschein, der das Geheimnis über die Herkunft und die Motive der Lukenbauer nun endgültig aufgedeckt hat, teil sein Wissen mit dem Rest seiner Gefährten und offenbart ihnen eine phantastische und kaum zu glaubende Geschichte.
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Das es sich bei Ultima (OT: Ultima) um einen waschechten Baxter handelt, kann man schnell an drei Punkten erkennen:
1. die Existenz von Paralleluniversen
2. eine Reise ans Ende der Zeit
3. ein sterbendes Universum
Alle drei Punkte sind typische Baxter-Themen die sich in sehr vielen seiner Werke wiederfinden, entweder jeder für sich oder miteinander kombiniert. Gleichzeitig sind sie auch der Grund, warum ich seine Bücher so gerne lese. Sie haben so etwas phantastisches und kosmisches an sich. Eine Reise ans Ende der Zeit, ein sterbendes Universum, parallele Welten, was kann es für einen SF Fan noch besseres geben? Baxter erzählt nicht nur Geschichten die sich in einem Rahmen von wenigen Jahren bewegen oder die generationenübergreifend sind - nein, seine Geschichten beschäftigen sich oftmals mit dem Werdegang eines ganzen Universums, von der Geburt bis zu seinem Tod. Sie atmen quasi den "Hauch der Ewigkeit". Und das ist nun wahrhaft kosmisch.
Ansatzweise ist dieser „Hauch der Ewigkeit“ auch in dem vorliegenden Buch zu finden. Aber er hat es schwer, sich durchzusetzen. Die Geschichte verliert leider schnell an Reiz, denn die kosmischen Ereignisse gehen allzu schnell in den Alltagsproblemen der Hauptcharaktere unter. In dem Bestreben das weltraumkolonisierende Römische Reich nachvollziehbar darzustellen, verzettelt sich Baxter in relativ langatmigen und überflüssigen Beschreibungen - auch wenn die Geschichten rund um die Römer, Brikanti und Xin durchaus interessant sind. Hat man diese endlich überstanden, geht es gleich wieder von vorne los, denn dann muss nach dem nächsten Lukensprung die weltraumfahrende Kultur der Inka von ihm erklärt werden. Das wird auf die Dauer gesehen doch etwas mühsam.
Die Entdeckung über das wahre Wesen der Lukenbauer, ihre Motive und Möglichkeiten, sind für mich zwar geradezu hanebüchen, aber eben halt auch typisch Baxter. Da wird mal eben kurz eine völlig andersartige Zivilisation, wie sie sich von uns vermutlich niemand ausdenken könnte, aus dem Hut gezaubert und dem Leser unter die Nase gerieben. Nur hat mich diese nicht wirklich überzeugen können. Wie ein Zusammenschluss aus Mikroben ein kosmisches Kommunikationsnetz, dass sich nicht nur durch den Raum, sondern auch noch durch die Zeit und in parallele Universen erstreckt, erschaffen kann, bleibt mir ein Rätsel.
Interessant finde ich auch den "Aspekt des Unendlichen im Endlichen", denn durch die Lukenbauer ist es möglich geworden auch dem finalen Kollaps des Univesums noch ein Schnippchen zu schlagen. Baxter greift diese Möglichkeit auf, indem er einen Teil seiner Protagonisten im finalen Exodus des Universums sterben läßt, während er einen anderen Teil jedoch quasi per Zeitreise durch die Luke in die Vergangenheit eines neuen Paralleluniversums versetzt. Auf diese Art und Weise, wäre es theoretisch möglich unendlich zu leben, obwohl das Universum ein Ende hat. Aber spätestens hier fängt dann der Kopf zu rauchen an.
Dieser geradezu inflationäre Umgang mit Paralleluniversen war für mich daher auch eher suboptimal – Jonbarpunkte hin oder her. Ein bisschen weniger davon wäre besser gewesen, auch wenn das Was-wäre-wenn Szenario in Bezug auf die weltraumfahrenden Römer und Mayas durchaus ansprechend gewesen ist. Es bleibt die Frage, warum es die Römer und die Inkas einfach nicht geschafft haben sich gesellschaftlich und technisch signifikant weiterzuentwickeln. Bis auf die Raumfahrt ist nämlich fast alles so geblieben wie es bereits vor 2000 Jahren war. Und das erscheint doch relativ unwahrscheinlich, denn immerhin leben selbst wir hier in Deutschland heutzutage nicht mehr so wie vor zweitausend Jahren. In manchen Teilen unseres Landes soll es bereits schon Strom und fließend Wasser geben.
Die Anzahl der Charaktere bleibt in etwa auf gleichem Niveau. Viele altbekannte sterben, viele neue kommen hinzu. Einige sind gut ausgearbeitet, andere bleiben oberflächlich. Als großer Sympathieträger entpuppt sich der einarmige römische Legionär Titus Valerius. Quasi als running joke versucht er des Öfteren seine Begleiter mit alten Geschichten zu unterhalten, wird aber immer, nachder er gerade den ersten Satz von sich gegeben hat, von ihnen abgewürgt. Allerdings muss man auch aufpassen das man, wenn die Hauptcharaktere aus –zig verschiedenen Universen kommen und diese auch immer wieder verlassen um in ein neues überzuwechseln, nicht den Überblick verliert. Das sich diese Wechsel nicht immer ohne Konsequenzen vollziehen lassen und eine Art „Ungereimtheit in der Zeit und der Geschichte“ nach sich ziehen (siehe Stefs Schwester Penny) ist hingegen eine schöne und äußerst reizvolle Idee.
Für einen angeblichen Hard SF Schriftsteller schreibt Baxter erfreulicherweise sehr untechnisch. Erst bei der Erklärung des Universums, seinem Ende und der vielen Realitäten wird es etwas wissenschaftlicher, bleibt aber immer noch gut verständlich. Das Buch wird nicht aus der Sicht eines Protagonisten erzählt, sondern wechselt häufig die Ebenen. Die Erzählweise ist angenehm, die Handlung jedoch relativ unspektakulär – trotz der vielen kosmischen Zutaten. Manche Passagen lesen sich sehr zäh und im Grunde genommen hätte man die komplette Geschichte auch bequem in einem Buch unterbringen können. Baxter kann es besser.