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China Miéville

Stadt der Fremden

  • Autor:China Miéville
  • Titel: Stadt der Fremden
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Bastei Lübbe (Bastei Verlag)
  • Datum:17 August 2012
  • Preis:9,99 EUR

 
»Stadt der Fremden« von China Miéville


Besprochen von:
 
Flavius
Deine Wertung:
(2)

 
 
Wir befinden uns auf Arieka, einem kleinen Planeten am Rande des von Menschen besiedelten Universums. Die freundlichen und intelligenten Bewohner des Planeten werden von den Menschen schlicht Gastgeber genannt, ihre Hauptstadt etwas einfallslos Gastgeberstadt. Mitten in Gastgeberstadt befindet sich eine kleine menschliche Enklave- Botschaftsstadt. Umgeben ist diese Siedlung von einer Art Schutzschirm, denn für die Menschen ist die Atmosphäre von Arieka tödlich, umgekehrt ist das jedoch nicht der Fall. Die Sprache der Ariekei ist etwas besonderes und von Menschen nur sehr schwer erlernbar. Gesprochen wird sie mit zwei Mündern gleichzeitig, transportiert wird dabei nicht nur die Stimme an sich, sondern vielmehr auch ein unterschwelliger Impuls, mehr auf metaphysischer Basis beruhend. Da die Sprache mit zwei Mündern gesprochen wird, fungiert eine Stimme als Drehungsstimme, die andere als Schnittstimme. Menschen, die diese Sprache erlernen wollen müssen sich einer komplizierten Anpassung unterziehen und quasi wie Zwillinge “funktionieren”, soll heißen, dass immer zwei Menschen ein Zwillingspärchen bilden und gleichzeitig sprechen müssen um von den Gastgebern überhaupt verstanden zu werden. Die Anpassung kann, sollte sie nicht gelingen, für die Menschen verheerende Folgen nach sich ziehen. Gelingt sie, werden die Zwillingspärchen als Botschafter in die menschliche Enklave zu den Fremden ausgesandt. Daher der Name Botschaftsstadt (Embassytown, so auch der Originaltitel). Eine weitere Eigenart der Ariekei Sprache ist die Unmöglichkeit zu lügen. Man kann also in Sprache, so wird die Sprache der Ariekei im allgemeinen genannt, nur die Wahrheit sprechen.

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf als ein neuer Botschafter (eigentlich ein Botschafterpärchen), EzRa, auf Arieka eintrifft. Schon ihre Antrittsrede wird zum Disaster, denn irgendetwas in den Stimmen der Beiden berührt die Ariekei tief in ihrem Inneren dermaßen, dass sie nach der Stimmte süchtig werden. Wie ein Junkie seine Droge braucht, brauchen die Gastgeber nun die Stimme des menschlichen Botschafters, ja, sie sind quais auf sie angewiesen. Hören sie eine zeitlang diese Stimme nicht, setzen Entzugserscheinungen ein, die in Form von Vandalismus, Mord, Selbstmord und dergleichen mehr auftreten. Ehe sich die Menschen auf Arieka versehen, befinden sie sich im Überlebenskampf gegen die nun süchtigen Fremden. Die einzige Möglichkeit für die Ariekei dieser Sucht zu entgehen, ist eine Art Selbstverstümmelung die in der Unfähigkeit zu sprechen gipfelt und sie quasi indirekt von ihrer Sucht entwöhnt. Da diese Selbstverstümmelung aber auf Dauer natürlich keine Lösung ist, bleibt nur die Radikalkur und das Übel an der Wurzel zu packen, soll heißen, alle Menschen auf Arieka zu töten und so einem möglichen weiteren Ausbruch vorzubeugen. Erst dann können die Kinder der Ariekei wieder normal aufwachsen, ohne Angst vor der Sucht nach einer menschlichen Stimme.

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Eingedenk der Tatsache das es sich für viele Fans bei China Mieville nicht um einen x-beliebigen Autoren handelt, sondern vielmehr um den Schöpfer von New Crobuzon und dem Bas-Lag Universum, hat man immer eine ganz besondere Erwartung an einen neuen Roman aus seiner Feder. Das ging mir bei Stadt der Fremden (Original Embassytown) auch nicht viel anders. Um so enttäuschender ist es dann, wenn sich der erhoffte Geniestreich anschließend als ungemein zäh, schwer verdaulich und schon fast als langweilig entpuppt. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich zu dem vorliegenden Buch von China Mieville nur sehr schwer Zugang finden, geschweige denn, etwas mit ihm anfangen konnte.

Phasenweise würde ich es als eine Art esoterisch-wissenschaftliche Abhandlung über die Sprache der Fremden und den Hyperraum im Allgemeinen (ich vermute mal das der Hyperraum gemeint ist, ganz sicher bin ich mir dessen jedoch nicht wirklich) beschreiben. Ansatzweise kann man ein paar wirklich gute Ideen erkennen, die jedoch in einer Fülle nichtssagender Anmerkungen und Begebenheiten untergehen. Es braucht fast 200 Seiten trostloser Erzählung bevor überhaupt erst mal ein Hauch von Spannung entsteht. Es ist natürlich richtig den Leser auf die neue Welt einzuführen, ihre Eigenheiten darzulegen und einen Überblick zu verschaffen. Aber die Art und Weise wie Mieville das macht ist für mich literarischer Smalltalk der langweiligen Art. Der Hauptcharakter Avice eilt von Versammlung zu Versammlung und spricht über Gott und die Welt, das Wetter, die Liebe und über die Gastgeber. Erst nach diesen mit Platitüden gefüllten 200 Seiten, nach dem Erscheinen des neuen Botschafters EzRa und den daraus entstehenden Konsequenzen, gewinnt das Buch etwas an Fahrt. Aber hier offenbart sich für mich schon, dass das Konzept, welches das Buch tragen soll, nicht ausreicht. Allein der Themenkomplex „Sprache und Ton“ reicht nicht wirklich aus um der Geschichte den nötigen Schwung zu verleihen.

Mieville schreibt viel, seine Charaktere reden viel, alles bleibt jedoch seltsam unbestimmt und substanzlos. Seitenlanges Geschreibe über die Sprache der Fremden, wie sie funktioniert, warum sie so ist wie sie ist. Das liest sich noch nicht einmal schlecht, ein Autor wie Mieville ist vermutlich gar nicht in der Lage wirklich schlecht zu schreiben, aber es macht für mich auf der anderen Seite auch keinen wirklichen Spaß das zu lesen. Die Charaktere sind flach, Avice macht dies, Avice macht das, sie redet hier, sie redet dort, sie hat diese Beziehung, sie hat jene Beziehung. Alles ist beliebig, vorhersehbar und, mir fällt kein anderer Ausdruck ein, langweilig.

Das ist wie mit einem Bekannten den man irgendwo trifft. Man begrüßt ihn und fragt höflich und ganz nebenbei wie es ihm denn so geht. Eigentlich will man nur ein „ganz gut“ oder auch ein „geht so“ hören. Aber, bevor man sich versieht, hat man auch schon die Büchse der Pandora geöffnet. Der Bekannte fängt an über die letzen 20 Jahre seines Lebens zu erzählen, jede kleine Begebenheit. Ähnlich ging es mir bei Die Stadt der Fremden. Eigentlich wollte ich nur eine spannende und unterhaltsame Geschichte lesen, statt dessen textet mich China Mieville mit jeder Menge belangloser Passagen zu. Durchsetzt wird das ganze von einer Fülle von Wörtern die vermutlich cool und geheimnisvoll klingen sollen, die aber erst mal keinen Sinn ergeben. Mieville schreibt von Immer, Immerewig, dem Stets und von den Dimensionen des Manchmals. Was soll das sein? Erklärt wird nichts, weder gleich noch später, der Leser muss sich seinen eigenen Reim drauf machen. Für mich sind diese Sätze einfach nur hohle Phrasen die interessant klingen sollen, es aber nicht wirklich sind.

Ein Beispiel? Die Geschichte spielt auf Arieka. Wo liegt Arieka, in welchem Sternensystem? Nun, fragen wir den Autoren.
... Arieka liegt jenseits einer Erschütterung, wo heftige Ströme des Immer gegeneinanderbrausen, wo es Untiefen, gefährliche Vorsprünge und Materiebänke des Alltagsraumes im Stets gibt. Arieka befindet sich allein am Rande des bekannten Immer, so weit wie das Immer gekannt werden kann. ...

Soll man lachen oder weinen? Oder sogar staunen ob der epischen Wortgewandtheit des Autors? So und ähnlich geht es munter weiter, durchzieht das gesamte Werk. Das Ende versöhnt wieder etwas, ist in seiner Folge aber doch vorhersehbar, denn irgendwie haben sich dann plötzlich wieder alle lieb, ist eine zufriedenstellende Lösung gefunden. Was will man mehr? Nein, das brauche ich nicht, das möchte ich auch nicht. Spannend geht anders. Mein Urteil mag etwas harsch klingen, aber man kann und darf einen Autoren an dem messen, was er bisher geleistet hat. Und so kann ich, nur für mich selbstverständlich, mit Gewissheit sagen: Mieville kann es besser.
 


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