Jenny-Mai Nuyen
Noir
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»Noir« von Jenny-Mai Nuyen
Nino ist 5 als er seine Familie bei einem Autounfall verliert. Ein paar Jahre später merkt er, dass er die Todesdaten und Todesarten von den Leuten um ihn herum – und von sich selbst – in sich spürt. Doch das ist nicht alles. Er sieht auch ihre Schicksale. Nino weiß, dass er jung sterben wird und sucht den Sinn dahinter und ob er es verhindern kann.
Bei einer Party lernt er einen mysteriösen Fremden kennen, der ihn in die Welt des Ouija einführt. Drogen verstärken die Wirkung und Nino wird von dem Fremden, Monsieur Samedi, für dessen dunkle Zwecke missbraucht. Nino vernachlässigt seine Freunde und seine Schwester und wird immer gehetzter. Schließlich verliert er auch noch seine Arbeit als er versucht Noir, einen Geist von Monsieur Samedi vor diesem zu retten. Diese kann nur durch Liebe leben, und die gibt er ihr. Doch ist diese Liebe ausreichend? Auch wenn sie Monsieur Samedi töten? …
Die ganze Geschichte ist etwas undurchsichtig und vor allem die letzten Seiten fand ich sehr schwer zu lesen und zu verstehen . Wusste ich doch nicht, wo die Handlung jetzt spielt. Durch den Wechsel der Schriftart war es zwar etwas einfacher, aber was da alles passierte erschloss sich mir nicht. Was hat es mit den Daumen, die abfallen auf sich? Und mit den Organen, die überall herumliegen? Fiebertraum oder Wirklichkeit?
Ansonsten ist das Buch wirklich flüssig und spannend geschrieben, manche Sätze muten fast lyrisch an: „Stille, so tief wie ein Sahnekuchen mit vielen, vielen Schichten“, „… Sie waren Tänzer zu tierhaft ehrlichen Klängen, gemacht, sich zu bewegen, zu atmen und ihr Leben sturmgeschüttelt auszuschütten. Musik zwang sie zu fühlen, zu lieben“. Oder die Stelle als Nino überlegt, was die Seele eigentlich ist. Es scheint, als passe die Sprache gar nicht zu einem Jugendbuch, schon gar nicht zu einem mit fiktiver Handlung, aber Jenny-Mai Nuyen gelingt die Verflechtung sehr gut und die Lyrik passt sich sehr gut in die Stimmung ein.
Nino kommt im ganzen Buch ständig etwas gehetzt rüber. Nur ganz am Anfang, als 5 jähriger im Auto, hat er die Ruhe weg und vergleicht die Farbe seiner Schuhbändel und seines Reißverschlusses und sucht Parallelfarben. Dann wird sein Leben immer hektischer, er begeht einen Selbstmordversuch, um zu beweisen, dass er erst mit 24 Jahren stirbt und nicht früher, kommt in die Psychiatrie und dann in die Fänge des geheimnisvollen Fremden. Richtige Sympathie konnte ich deshalb nicht für ihn entwickeln, er blieb irgendwie flüchtig. Nur in den Alltagsszenen und bei der Arbeit wurde er stellenweise etwas normaler.
Fazit: Irgendwie habe ich einen Sinn in dem Buch gesucht, dachte, es müsste hintergründiger sein. Dem war aber nicht so, und wenn, dann konnte ich ihn leider nicht finden. Trotzdem, oder gerade deshalb, ein rasantes, schnelles Buch, das einen von Seite zu Seite jagt. Wozu auch die große Schrift und die kurzen Kapitel beitragen. Ich würde die Altersgrenze nach unten mal bei 16 Jahren ansiedeln, jüngere Leser könnten einsteils die Handlung nicht recht verstehen und sich dann evtl. schnell langweilen, außerdem sind manche Szenen schon recht grausam