Andreas Bull-Hansen Die Nordland-Saga 1
Die Tränen des Drachen
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»Die Tränen des Drachen« (Die Nordland-Saga 1) von Andreas Bull-Hansen
Karain ist ein Junge von dreizehn Jahren. Er arbeitet mit seinen zwei jüngeren Brüder zusammen in der Böttcherei seines Vaters. Sein Leben scheint vorher bestimmt. Doch als Gerüchte über Dämonen die Runde machen, welche die Körper von Menschen übernehmen und sie deformieren, ist es mit dem ruhigen Leben des Jungen vorbei. Denn Karain wurde mit Missbildungen geboren. Er hat an jeder Hand nur 3 Finger, sein Gesicht ist mit Fell bewachsen und er hat einen etwas schnabelförmigen Mund. Als die Seeleute seiner ansichtig werden, wird er verfolgt und als Dämon bezichtigt,. Sein Vater kann zwar verhindern, dass Karain gelyncht wird aber der Junge muss seine Heimat verlassen, um den Verfolgern zu entgehen.
Ausgerüstet mit der Liebe seiner Eltern, einem Bogen und genug Nahrungsmittel für einige Tage, begibt sich der Junge in den Westwald, eine berühmt berüchtigte Gegend, in die sich kaum ein Mensch wagt. Und prompt wird Karain von einem Troll angegriffen. Er schließt mit seinem Leben ab, als ihn vier sehr merkwürdige, kleine, behaarte Wesen vor dem furchtbaren Unhold retten. Loke, Bile, Vile und Bul sind Moosmänner, Wesen, die eins sind mit dem Wald und der Natur und deren Heimat der Westwald ist. Die vier kleinen Krieger sind auf einer gefährlichen Mission. Sie müssen in die Südlande und dort eine seltene Pflanze finden, die über besondere Heilkräfte verfügt. Denn der Führer der Moosmänner ist erkrankt und so lange er krank darnieder liegt, kann er den Frühling nicht herbei rufen. Das würde bedeuten, dass der ewige Winter Einzug in die Welt hält. Zu allem Unglück muss diese Pflanze auch noch bis zur Wintersonnenwende gefunden werden, eine Frist von vier Monden. Doch der Weg in die Südlande ist weit und voller Gefahren und die vier Waldbewohner haben noch nie ihre Heimat verlassen. Also entschließt sich Karain, den Moosmännern zu helfen und für sich einen Platz in der Welt zu finden.
Leider sind die Gerüchte über die Dämonen schon bis in die Südlande vorgedrungen und Karain wird verhaftet und zu einem Tod durch Feuer verurteilt . Mit ihm zusammen wird ein junges Mädchen auf den Scheiterhaufen gebunden. Kurz bevor die Flammen die jungen Menschen verzehren können, kommt ihnen eine Schar Raben zu Hilfe. Sie löschen das Feuer, zerreißen die Fesseln und helfen den Menschen und Moosmännern zur Flucht. Kragg, einer der alten Götter, der letzte Drache, der in der Welt der Menschen als Rabe erscheint, hilft Karain, den er Bruder nennt. Denn im Feuer hat sich Karain verändert, er wird zum prophezeiten Vogelmann. Das Mädchen Krigit erzählt ihm die Legende über den Vogelmann und sie nimmt Karain und die vier kleinen Helden mit in ihre Heimat, wo sich das Schicksal des jungen Mannes erfüllt.
Kommentar:
Das Buch wird aus der Sicht eines alten Mannes erzählt. Es beginnt sehr liebenswert. Ein einsamer, alter Mann sitzt in seiner Hütte vor dem Feuer. Den Erwachsenen ist er eher lästig doch für die Kinder ist er ein Fundus an geheimnisvollen Geschichten. Sie besuchen ihn in seinem Zelt, schüren das Feuer und reichen ihm Essen und Getränke, in der Hoffnung, dass er ihnen eine Geschichte erzählt. Man sieht förmlich die neugierigen, strahlenden Augen der Kinder vor sich, wie sie erwartungsvoll den Worten des Alten lauschen. Er kann mit wunderbaren Worten die Kälte und Langeweile aus dem Alltag vertreiben und die Geschichten über den Vogelmann sind ihnen die liebsten Geschichten.
Zu Beginn wird die Geschichte immer wieder durch neugierige Zwischenfragen unterbrochen , doch schon bald sind die Kinder so gefesselt, dass sie alles um sich herum vergessen. Ein gelungener Kniff des Autors, der damit auch seine Leser in den Bann zieht, die das Buch kaum noch aus der Hand legen können. Der Autor kommt aus Norwegen, was man der Geschichte auch anmerkt, Kälte, Schnee und ewiger Winter spielen eine Hauptrolle in dem Roman.
Karain ist eine gelungene Figur , ein Mittler zwischen den Welten, halb Vogel und halb Mensch. In seiner Heimat und in den Südlanden verfolgt, wird er beim Felsenvolk ohne weiteres akzeptiert, denn sie allein kennen die Legende des Vogelmannes und erwarten schon lange seine Ankunft. Für den Jungen ist es eine ganz neue Erfahrung, als das akzeptiert zu werden, was er ist, wurde er doch sein ganzes bisheriges Leben gehänselt, verachtet und verfolgt.
Dem Buch wurde eine sehr schöne Karte beigefügt, so dass man die Reisen der fünf Freunde verfolgen kann. Auf dem Cover ist ein Drache abgebildet, obwohl ich persönlich sowohl den Titel als auch das Motiv etwas irritierend finde, da Drachen hier nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Das Buch erzählt eine abgeschlossene Geschichte, obwohl es der Auftakt zu einer Serie von sechs Büchern ist. Es ist nicht notwendig weitere Bände zu lesen oder zu kennen, Band zwei handelt auch von neuen Protagonisten und einer anderen Geschichte.
Fazit:
Märchenhafte und gelungene Fantasy aus Norwegen, die einem an eine kalten Winterabend die Langeweile vertreibt. Geeignet für jung und alt.