Naomi Novik
Das dunkle Herz des Waldes
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»Das dunkle Herz des Waldes« von Naomi Novik
Der dunkle Wald bedroht die kleinen Dörfer in dem engen Tal. Aus ihm ist noch niemand entkommen, der ihm zu nahe kam. Um den Gefahren des dunklen Waldes entgegenzutreten, hat der König einen Magier an die Grenze zwischen Tal und Wald geschickt. Der Magier Sarkan, Drache genannt, kommt alle zehn Jahre ins Tal und nimmt ein junges Mädchen mit, das ein besonderes Talent hat.
In diesem Jahr muss Agnieszka mit ihm gehen. Sie erfährt, dass sie eine Hexe ist und der Drache sie ausbildet, damit sie nicht vom Wald geholt und in etwas Gefährliches verwandelt wird. Langsam lernt sie ihre eigene Magie kennen und beginnt, sie anzuwenden.
Die gefangenen Menschen werden von den Wanderern an Herzbäume gefesselt, deren Rinde über die Menschen wächst. Immer wieder verschwinden Menschen. Eines Tages wird die beste Freundin von Agneszkia vom Dunklen Wald gefangen. Sarkan und Agnieszka können sie befreien, bevor der Baum völlig über sie gewachsen ist. In der Hauptstadt hört man von der wundersamen Rettung. Prinz Marek kommt und fordert Hilfe bei der Rettung seiner Mutter, die vor zwanzig Jahren in den Wald ging.
Die Kräfte, die im Dunklen Wald sind, wollen das ganze Land in den Untergang reißen. So rettet Marek zwar den Körper seiner Mutter aus dem Wald, holt aber das Übel in das Schloss. König und Kronprinz werden von Ungeheuern getötet. Ein Krieg bricht aus, in dem auch Marek umkommt.
Nun ist es an Agnieszka und Sarkan, die dunkle Königin im Dunklen Wald zu töten, damit wieder Friede einkehrt im Tal und im Land. Ein schönes Ende hat das Buch dann auch noch.
Kommentar :
Naomi Novik hat mit diesem Buch ein modernes Märchen geschrieben. Es beschreibt, wie das Böse Fuß fassen kann in den Herzen der Menschen und wie es, wie die Rinde der Bäume, alles überwuchern kann und schließlich nur noch eine Hülle von dem Menschen belässt, die nichts mehr mit dem Menschen zu tun hat, wie er ursprünglich war.
Viele märchentypische Figuren tauchen auf. Da ist der unnahbare Zauberer, der alle zehn Jahre ein junges Mädchen mitnimmt und da ist Agnieszka, die dieses Mal mitkommen muss. Da ist der Dunkle Wald, in dem Ungeheuer hausen wie die Wanderer und die Mantikore. Aus einem lang zurück liegenden Verbrechen erwächst viel Unglück und schließlich das Böse, das sich in der Waldkönigin manifestiert. Menschen werden buchstäblich vereinnahmt von den Bäumen. Wir lernen, ganz wie im Märchen, dass man sich nicht mit dem Bösen arrangieren kann. Man muss es mit Stumpf und Stiel ausrotten.
Die Figuren sind sehr schön ausgemalt. Agnieszka lässt sich nicht von dem zunächst unnahbare und arrogant wirkende Zauberer Sarkan einschüchtern. Sie hat große Mühe zu akzeptieren, dass sie magisches Talent hat. Ihre eigene Magie ist anders als die des Zauberers, eher verbunden mit Elementen der Natur. Es stellt sich heraus, dass sie nur gemeinsam das Böse überwinden können, wenn es auch nur in letzter Minute und mit letzter Kraft gelingt. Auch das Böse ist mit der Dunklen Königin stark vertreten. Die Nebenfiguren haben ihre eigene Personalität, wie etwa Prinz Marek, der Zauberer Falke oder Agnieszkas Freundin Kasia.
Die Atmosphäre ist wunderbar dargestellt. Man wird in die Geschichte hineingezogen und entdeckt immerfort neue Bezüge zu bekannten Geschichten aus der Kindheit. Man glaubt, das Gefühl Agnieszkas beim Sprechen der Zauber nachvollziehen zu können und die große Angst, die der Dunkle Wald in allen hervorruft, die ihn betreten. Das ist große Erzählkunst.
Die Autorin hat mit diesem Buch im Jahr 2015 u.a. den Nebula Award erhalten und war in der Endausscheidung für den Hugo, all dies völlig zu Recht. Ich freue mich, dass der Roman übersetzt wurde und hoffe, noch mehr dieser wunderbaren Bücher von Naomi Novik zu lesen.