Jeffrey Thomas
Der Untergang der Hölle
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»Der Untergang der Hölle« von Jeffrey Thomas
In einem unterirdischen Verlies in den tiefsten Tiefen des Hades, einbetoniert in einen Felsen, erwacht eine Frau nach hunderten von Jahren aus ihrem komaähnlichen Zustand. Da sie sich an ihren Namen oder ihre Herkunft nicht mehr erinnern kann, nimmt sie aus praktischen Gründen den Namen Vee an. Nachdem sie sich aus ihrem steinernen Gefängnis befreien konnte, erkundet sie ihre Umgebung. Von einem sprechenden und intelligenten Gewehr namens Jay erfährt sie, dass sie einst ein Engel war, der in einen Kampf mit den Dämonen der Hölle verwickelt und von diesen gefangen genommen wurde.
Jay übermittelt Vee ferner die Aufzeichnungen eines Menschen namens Adam. Anhand dieser Aufzeichnungen erfährt sie, dass die Erde in einem atomaren Krieg vernichtet und alle Menschen entweder in die Hölle oder den Himmel geschickt wurden. Durch den plötzlichen Ansturm von Milliarden verdammter Seelen kam es in der Hölle zu einem Aufstand. Nachdem ein "himmlisches Einsatzkommando", zu dem auch Vee gehörte, die Rebellion nicht niederschlagen konnte, nahm sich der Schöpfer, der mit dem Zusammenbruch seiner Ordnung nicht mehr klar kam, das Leben.
Aber auch der Hades wurde durch die Rebellion in Mitleidenschaft gezogen. Das aus Magma bestehende Dach der Hölle begann instabil zu werden und regnete auf den Boden herab. Alles, was sich außerhalb der höllischen Städte Tartarus und Oblivion befand wurde von Magma eingeschlossen. Die Bewohner der Städte begannen Tunnel zu graben um so die Verbindung untereinander wieder herzustellen. Das so entstandene Gebilde wurde Konstrukt genannt. Mit Hilfe von Jay begibt sich Vee auf eine Reise durch dieses Konstrukt. Ihr Ziel ist es sich bis zur obersten Etage durchzukämpfen und zu sehen, was sie dort erwartet.
Der Untergang der Hölle (OT: The Fall of Hades) ist mittlerweile der sechzigste Band aus der Horror Reihe des Festa Verlages und gleichzeitig die Fortsetzung von Tagebuch aus der Hölle , ebenfalls aus der Feder von Jeffrey Thomas. Gekonnt schlägt Thomas eine Brücke zu den Geschehnissen aus dem Vorgängerband. Man erfährt den Namen des bis dato noch namenlosen Protagonisten der sich einst in die Dämonenfrau Chara verliebte und somit die Rebellion in der Hölle erst ermöglichte und über deren Auswirkungen man im vorliegenden Buch lesen kann. Der Name dieses Mannes, der zu Lebzeiten schon über die Hölle geschrieben hat, dürfte belesenen Menschen durchaus geläufig sein. Nett auch der Einfall von Thomas, diesen Mann als Autor seines eigenen Buches, Tagebuch aus der Hölle , vorzustellen.
Weniger nett allerdings ist mal wieder die kindlich naive Vorstellung von der Hölle, die man ja schon aus dem Vorgängerbuch gewohnt ist. Alle Verstorbenen müssen nach dem Eintritt in die Hölle ein Höllencollege (O-Ton) besuchen wo ihnen beigebracht wird, sich selbst zu hassen und zu verurteilen. Bewacht werden sie während dieser Zeit von Dämonen mit Maschinenpistolen. Wenn so tatsächlich die Hölle sein sollte, hat sie auch nichts anderes als ihren Untergang verdient. Hannah Arendt sprach einmal von der „Banalität des Bösen“. Wenn es so etwas gibt, dann befindet sich der Leser mit dem vorliegenden Buch im siebten Kreis der Hölle. Was ich vermisse ist der Schauder, das Gruseln, das einen eigentlich beim Lesen überkommen sollte. Man befindet sich ja immerhin in der Hölle und nicht auf einem Kirmesplatz.
Nur einmal wird es wirklich tiefgründig und verursacht mir eine Gänsehaut. Wenn Vee (das Anagramm von Eve = Eva) zusammen mit ihrem Begleiter Adam den Garten Eden - und mitten darin den Baum der Erkenntnis entdeckt, sie sich von dem Baum abwendet und sich vornimmt die Frucht nicht anzurühren und dabei denkt „Nein … diesmal nicht“, dann ist das einer der Momente, von denen man sich wünscht, dass Thomas mehr davon gebracht hätte.
Bis auf Vee selber verblassen alle restlichen Protagonisten, die zudem noch beliebig austauschbar sind. Punkten kann Thomas für mich nur mit seiner lockeren und flüssigen Erzählweise. Diese macht es dem Leser ausgesprochen leicht sich in das Buch zu vertiefen. Ebenfalls gelungen ist für mich auch die Verknüpfung mit dem Vorgängerbuch. Hier setzt Thomas, nach einem kleinen Zeitsprung, die Geschichte kontinuierlich und logisch fort. Diese ist zwar durchaus unterhaltsam, aber aufgrund ihres einfachen Schreibstils wohl eher nichts für anspruchsvolle Leser.
Vees Reise durch die Hölle ist leider nur leidlich spannend. Da dort niemand sterben kann, muss man sich um sie auch keine Sorgen machen. Zu verfolgen wie sie sich nach und nach durch die Etagen des Konstrukts (Matrix lässt grüßen) kämpft, schleicht und hangelt wird mit der Zeit ermüdend. Die Heimstätte der Menschen, denen sie auf ihrer Reise begegnet, sind nicht wirklich ungewöhnlich. Gleiches kann man von der Methode wie in Los Angeles für Nahrung gesorgt wird, jedoch nicht behaupten. Hier zeigt sich, dass der Unterschied zwischen Engeln und Dämonen fließend ist, moralische Bedenken gibt es so gut wie keine mehr.
Es wirkt etwas verkrampft, wenn Thomas auf das Schicksal der Verbannten zu sprechen kommt. Seine Bemühungen den Leser mit den höllischen Foltermethoden, die sich in der Regel immer nur auf körperliche, selten auf seelische Qualen beziehen, zu konfrontieren, laufen bei mir oftmals ins Leere. Seine Hölle ist im Grunde genommen einfach nur die Fortführung des herkömmlichen Lebens von auf der Erde nach "unter" der Erde. Die Verbannten surfen im Internet, gehen arbeiten und beschäftigen sich mit den alltäglichsten Dingen – malen ihre Häuser an oder ölen ihre Maschinenpistolen (natürlich ein amerikanisches Fabrikat).
Auch wenn Himmel und Hölle nun mal eng mit der Bibel verknüpft sind, nimmt der Autor letztere nicht so wirklich genau. Er kleistert sich statt dessen seine eigene Sicht der Dinge zusammen. Gläubige Menschen werden nach ihrem Tod auf einmal zu Engeln. Die Hölle gibt es, Satan jedoch nicht. Über beides, Himmel und Hölle, regiert der Schöpfer. Das dieser Selbstmord begeht und seine Einzelteile anschließend auf die Hölle herabregnen, ist …weiß ich auch nicht. Weiß Thomas es nicht besser oder macht er das mit Absicht?
Fazit
Der Untergang der Hölle hinterlässt einen etwas faden Beigeschmack. Gut zu lesen und unterhaltsam, aber leider auch wenig fesselnd. Das Cover ist hervorragend gestaltet und passt in seiner düsteren Aufmachung gut zum Buch. Als Zugabe befindet sich am Ende eine Kurzgeschichte, die sich nahtlos in die Gesamthandlung einfügen lässt. Für Liebhaber der eher seichten Unterhaltung ist das Buch zu empfehlen. Wer sich davon jedoch einen Frontalangriff auf die christliche Religion oder ein Aufheulen in konservativen katholischen Kreisen erwartet, wird wohl enttäuscht werden. So tiefgründig oder ernst zunehmen ist das Buch dann doch wieder nicht.