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David Macinnis Gill

Das Mars-Labyrinth

  • Autor:David Macinnis Gill
  • Titel: Das Mars-Labyrinth
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Bastei Lübbe (Bastei Verlag)
  • Datum:22 Juni 2012
  • Preis:8,99 EUR

 
»Das Mars-Labyrinth« von David Macinnis Gill


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(3)

 
 
Der Regulator Jacob “Durango“ Stringfellow nimmt den Auftrag an eine Gruppe Minenarbeiter vor der Gewalt der Draeu, einer Horde menschenfressender Supersoldaten, die aus einem fehlgeschlagenen Genexperiment der Regierung hervorgegangen sind, zu beschützen. Was Stringfellow nicht weiß ist, dass seine Auftraggeber ihm nur die halbe Wahrheit mitgeteilt haben.

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Was war das denn? Hannibal ”the cannibal“ Lecter im Weltall? Mir scheint hier wollte der Autor David McInnis Gill mit einem vermeintlichen Schockthema auf Leserfang gehen. Dabei ist ihm das aber nicht besonders gut gelungen, denn das Thema Kannibalismus dient lediglich als Aufhänger, denn genauso gut hätten die bösen Widersacher des intergalaktischen A-Teams auch eine Gruppe erpresserischer Schornsteinfeger oder räuberischer Kaninchenzüchter sein können. Das klingt dann zwar nicht so reißerisch, wäre aber statt dessen zumindest eine witzige Idee gewesen. Allerdings hätte all das die Geschichte gar nicht nötig gehabt. Die Story ist zwar weder originell noch besonders einfallsreich, liest sich dafür nichts desto trotz aber recht gut und flüssig. Das Team von Jacob Stringfellow, das ist sein richtiger Name, ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen der bis auf Vienne, dem einzigen weiblichen Mitglied, immer etwas zu meckern und zu nörgeln hat. Da ist die Unterhaltung schon vorprogrammiert. Etwas lahm gerät jedoch der finale Kampf am Ende des Buches und es ist auch nicht wirklich nachvollziehbar, warum man einen Superkrieger den man eigentlich nicht töten kann da sich sein zerstörter Körper mit Hilfe der injizierten Nanosyms immer wieder neu belebt, mit Hilfe eines Schlages auf den Hinterkopf dann doch umbringen kann.

Der Held selber ist dabei mehr als nur ein einfacher Söldner (Regulator). Er kommt aus einem vornehmen Haus, sein Vater ist (war) ein einflussreicher Direktor. Jacob trägt eine KI namens Mimi in seinem Kopf, die sich im Verlauf der Story als eine Art “Bewusstseinssplitter“ seiner ehemaligen getöteten Söldnerchefin entpuppt. Sie wurde ihm auf eigenen Wunsch in einer Operation implantiert da sich alle anderen KIS als inkompatibel erwiesen. Irgendwann jedoch muss etwas schlimmes passiert sein. Sein Vater landete im Gefängnis und, einem strengen Ehrekodex folgend, hätte sich Jakob, wie alle Regulatoren im Dienst seines Vaters, nun das Leben nehmen müssen. Auf geheimen Wunsch seines Vaters unterließ Jakob das jedoch. Da er somit dennoch offiziell gegen den Ehrenkodex verstieß, wurde ihm der kleine Finger abgeschnitten und er zu einem sogenannten Daliten. Ein Mensch, der in Schande lebt und als ehrlos und illoyal gilt. Vergleichbar ist das ganze Konstrukt in etwa mit den japanischen Samurais. Spätestens ab hier fragt man sich, ob man irgendetwas verpasst hat, ob es einen Vorgängerroman gab in dem diese Vorkommnisse behandelt wurden. Was genau ist passiert das Jakob zu einem Daliten machte? So wie es aussieht, erfährt man das in den Nachfolgebänden, denn Black Hole Sun, so der Originaltitel entpuppt sich bei näherer Betrachtung als erster Band einer Trilogie.

In dem Buch finden sich viele Anleihen an andere Serien oder Kinofilme. Am offensichtlichsten wird das bei Jacobs Team. Eine vierköpfige Gruppe, bestehend aus einem Muskelprotz, einem Spinner, einer Schönheit und dem Chef der für die unorthodoxen Lösungen zuständig ist und der sich immer auf der Suche nach neuen Aufträgen befindet um bedrängten Zeitgenossen gegen die fiesen Bösewichter zu helfen. In den 80er Jahren nannte man so etwas das A-Team. Auch der Plot selbst weckt Erinnerungen an Aliens von James Cameron. Eine Gruppe Soldaten die einen verlassenen Außenposten erreichen und sich erst mal auf die Suche nach den verschwundenen Kolonisten begeben. Das anschließende verbarrikadieren in einem Kommandoposten zu dem man die Zugänge blockiert um den mörderischen Gegner, einer Gruppe von Soldaten die passenderweise von einer Königin kommandiert werden, zu bekämpfen. Es könnte nicht offensichtlicher sein.

Auffallend und deprimierend auch die allgegenwärtige Trostlosigkeit, der Hauch des Zerfalls der über allem liegt und so die Geschichte eher zu einer Dystopie, statt einer Utopie, macht. Gill schildert ein Universum in dem man nicht leben möchte, weder auf dem schwer gebeutelten Mars, noch auf der seuchengeplagten Erde, über die man sonst nichts weiter erfährt. Der Mars stellt sich als eine heruntergekommene und abgewirtschaftete Kolonie der Menschen dar. Die Bewohner leben in Armut und unter teils menschenunwürdigen Bedingungen. Und das, obwohl der Mars umfassend terraformiert worden zu sein scheint, man also ohne Schutzmaßnahmen auf ihm, oder in ehemaligen Minen unter der Oberfläche, leben kann. Man hat die sprichwörtliche Auswahl zwischen Pest und Cholera, man entscheidet sich nicht für die beste Wahl, sondern für die weniger schlechte.

Alles in allem bietet das Buch eine kurzweilige Unterhaltung. Nichts besonderes oder innovatives, aber diesen Anspruch scheint Gill auch nicht erheben zu wollen. Geschrieben wurde die Geschichte für Jugendliche und Heranwachsende und so ist es auch nicht erstaunlich, dass Jakob sich als 17 jähriger Junge entpuppt. Schön aber, dass Gill hier nicht als Seitenschinder auftritt und sein Buch künstlich aufbläht. Peter F. Hamilton hätte hier vermutlich ein 1000 Seiten dickes Buch abgeliefert. Gill hält seine Leser immer nah am Geschehen und traktiert sie nicht mit unnötigen und langweiligen Begebenheiten. Die Charaktere sind, bis auf Jakob, oberflächlich und man erfährt von ihnen auch genau so viel, wie man für die Geschichte und ihr funktionieren wissen muss. Für mein Empfinden ist das genau richtig. Vielleicht spart sich Gill näheres über seine Charaktere auch für die beiden Folgebände Shadow on the Sun und Invisible Sun auf.

Kurzum: Fast Food für den schnellen Verzehr – und das ist nicht negativ gemeint.
 


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